Der Weltkrieg 4,

Tirol im Weltfrieg Hans Schrott⸗Fiechtl Grixlegg)

15 Pf.

Sekretariat Sozialer Studentenarbeit

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Das bitterihwere Weltgefiheben hat von Dem kleinen armen Ziegler Land ſchon Millionen und Millionen Blutstropfen gefordert. Iſt es doch bie Grensfefle des Oeutſchtums und mit der hiſtoriſchen Aufgabe belehnt, die Grenzſteine zu halten und zu verteidigen. Das hat blutreiche, nachhaltige Opfer ſeit Generationen gekoſtet.

Arm an Geld und Gut, ein richtiges Bauernland, eng und ſteil, abgeſperrt gegen die Welt da draußen iſt ſein Volk vereigenſinnigt zwar, aber barſch und geradlinig voll einfacher ſchmuckloſer Stärke, aufrecht, Bodenfländig und von warmherziger Echtheit, Don den Mängeln, die bie Menſchen ihr Leben lang begleiten, find die Tiroler wirklich nicht frei, Uber betrachtet man Volk und Sand von der hiftorifhen Bedeutung aus, ſo muß man zugeben, daß dag Breit— würfige und Warmherzige, das Schlihte und Yufopferungsfählge diefe Mängel reichlich überwiegen, Die Seßhaftigkeit zeigt überall die gleichen Vorzüge und Nachteile. Ihre Vorzüge find Standfefligs keit, Einfachheit und das Sich⸗auf⸗ſich⸗ſelber⸗Stellen, ihre Nachteile ein zu enger Gefichtsfreis, Mißtrauen gegen die Welt da draußen, Die Beweglichkeit des Geiftes geht bei feßhaften Leuten in die Tiefe und bei den andern in die Breite, Hoch droben am Berge, wo man abgefchloffen tft von Menfchen, unter der mühfeligen Arbeit und der ewigen Werternot fommen die Nachteile der Seßhaftigfeit natürlich noch mehr zum Vorfhein, Der Bauer ift an fi ſchon mißtrauiſch und gewöhnt, jedes Ding auf Erden nur in dem Sinn gelten zu laſſen, in dem es ihm Nutzen bringen kann. | |

Bon der neuen Zeit haben die Bauern in Tirol nie viel wiffen wollen. Der Gegenfag zwiſchen Stadt und Land hat ſich langſam immer mehr ausgebreitet. „Mein Gott,“ ſagt der Fifchnaller Franzl, „ibegreif nit, was ſie immer mit der Stadt hab'n. Da weiß i leicht eine Abhilf. Bauen wir fie einfach aufs Land heraus.“ Ganz fo einfach ift die Sache nicht. Anderfeits wird's wohl noch lange währen, ae Städter die Empfindungsmwelt des Bauern wirklich begreifen wird,

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In Tirol hat es lange gebanert, bis das Land endlich Auſchluß an die neue Welt gefunden hat. Diefe neue Zeit hat manches üble, und der richtige Bauer hält fih davon fern, Er begreift e8 eben nicht, daß dies Übel, wenn ſich die Leute, bie es als ſolches empfinden, weigern mitzutun, eben nicht ſchwinden kann. Es iſt unſagbar, wie lang man im Lande gebraucht hat, die neue Zeit mit ihren wirk⸗ ſchaftlichen Ideen tatkräftig in Die Hand zu nehmen, Indirekt wohl am meiften hat dazu die Entwidlung Des Fremdenverkehrs bei: getragen. Ein einigermaßen zutreffendes Bild, wie ed in Tirol ſteht, geben folgende Zahlen.

Der Briefverkehr hat 1890: 30 546 000 und 1909: 75 510 640 St. betragen. An Zeitungen find 1890 verſchickt worden: 1333 130 St, während 1909 bereifd 9 680 500 im Lande anfgeliefert wurden, Der Telegrammverkehr ift um das Sechszehnfache, ber Paketverkehr um das Dreifache gefliegen in ber Zeit, Der Ertrag det direkten Steuern in Tirol belief ſich 1889 auf 5 090 158 Fr. und ifl 1909 bereits auf 9 313 834 Kr. angewachſen. Ähnlich iſt auch die Perſonaleinkommen⸗ ſteuer geſtiegen, Die 1898 nur 63 418 892 Kr. beste, 1909 Hingegen 110873 722 Rt, einbrachte, Daraus erfieht man, dab bie Berhält: niſſe in Tirol Hein find, daß aber Die Ent wicklung nach aufwärts weil, Man hat oft genug über die Langſamkeit gefcholten, nicht ganz init Recht, denn wie wär wohl ſo ein armes naives und harm⸗ loſes Bauernland heute übel dran, wenn es im erſten Anſturm der Schwindel, und Gründerjahre ſchon bedingungslos mitgemacht hätte. Heute überſieht man die Dinge und Verhältniſſe weit beſſer als vor einem Menſchenalter, und man darf daher erwarten, daß das Neue, was im Lande geſchaffen wird auf feſterm Grund erſteht.

Wenn es ſich um allgemeinen Fortſchritt in einem Lande handelt, ſo kommt es faſt immer auf die leitende Perſönlichkeit heraus. Die Tiroler Landwirtſchaft hat als erſter Adolf Triendl, der erſte Tiroler Wanderlehrer, techniſch zu heben verſucht. Biel gu ſpät Fam dann die Gründung des Landeskulturrates von Tirol. Und wie immer, Bauern ſind eben Bauern, haben ſich unſere Leute gedacht, da brauchts nichts wie einen Präſidenten, einen Sekretär und einen Amtsdiener. Techniſche Beamte, ſo dumm, die ſchwätzen bloß und koſten Geld. Es iſt auch jahrelang nichts aus dem Arbeiten dieſer Behörde geworden, erſt der vorletzte Präſident, Or. Otto von Guggenberg, erwies ſich als eine Perſönlichkeit, die die Bauern zu nehmen verſtand. Es kamen erſtklaſſige techniſche Beamte und fanden Arbeit über Arbeit, Das Mißtrauen ber Bauern ſchmolz, und nach wenigen Jahren konnte man ganz erſtaunt wahrnehmen,

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daß dieſe eigenfinnigen und kurzſichtigen Menſchen in Wirklichkeit soll Verbefferungsdrang fleden. Man kann heute fügen, daß die Viehzucht in feinem öſterreichiſchen Bergland beffer organiſtert iſt "wie in Tirol, Ein Neues iſt kaum mehr zu ſchaffen, nur das Ber ſtehende zu vertiefen und auszubreiten. Im Futterbau find gemaltige Fortſchritte in die Wege geleitet, Ebenſo im Obſtbau. Getreide ſpielt Feine Rolle in Tirol. Die Erfolge, die erzielt wurden, haben unfere Bauernwelt in gang neue Gebanfenbahnen geführt. est fehen die meiften, wie ungeheuer viel noch fehlt, und das Streben, all das auszugleichen, iſt lebendig im ganzen Land, Sin sehn Fahren wär das Land ungmweifelhaft mit an der Spige Der bäuerlichen Entz wicklung geflanden, und da kam nun der Krieg...

Der Kalfer rief feine Lirsler, und das ganze Sand War eine Iohende Begeifterung,. „Wander, der Kaifer braucht uns, hellauf Tirsleriſch.“ In Strömen find fie Daher, Wildbächen glei, Die Augen blisten und jeder hat ſein blutwarmes Herz feſt und treu in der. Hand gehalten. |

Und dann kams halt wie in öſterreich ofi ad immer, Die Wiener Kegierung wußte ganz genan, auf ihre Tiroler kann fie Hänfer bauen. Ach was, ganze Berge kann fie darauf bauen. Die Eigenart ber öflerz reichiſchen Berhältniffe haben Der Regierung im brennenden Augenblick ficher Feine andere Wahl gelsfien, man mußte bag Heine Land unverhält⸗ nismäßig überlaften, Die Bittere Not zwang da zu. Gleich bei ber Mobili— fierung wurde in Tirol auch noch das IL, Landbſtarm⸗Aufgebot ein; berufen, Das in andern Kronlandern viel ſpäter erſt an Die Reihe fan. Mein Gott, der Kaiſer wied ſchon willen, daß er ung braucht, haben unfere Leut mit freudigem Herzen gedacht, Und dann an der Front in Galizien, Das Kriegführen wii halt auch geleent ſein. .. Die Kaiſerjäger und die Kaiſerſchützen, hingemäht fürmlih wurden fie, viel Trauer war im Land und trockne Tränen, aber fo ein Bauern⸗ herz, geftählt in Der Wetternot droben am Bere, iſt da anders wie die in der Stadt, Da hat man gebetet, und viel tauſend Weiber im Tirol haben dem Herrgott wehmätig gedanft für den Verluſt ihrer Sieben, denn der Verluſt mag bitterfchwer fein, aber niemalen HE er umfonfl. Das Land und ber Kaifer find mit Blut ja überhaupt nicht zu zahlen, Das ift ein Empfinden, fo einfach und groß, es ift, als ob ein gewaltiger Baum zutiefſt aus dem Herzen der armen Menſchen herauswächſt. So Bauern empfindens halt nad. Die Dinge, mit denen Die Seele verwachſen bleibt, die läßt fi einer was koſten und fonft iſt's ein Lump.

Und wenn’s nur das wär, aber das Land wurde gleichzeitig auch

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wirtfchaftlich geradezu überlaſtet. Das Militär hat Taufende und Taufende von Nindern requiriert. Tirol bat nur Zuchtvieh. Man kann fih num vorflellen, wie fehr geo® der Schaden war, Eines muß man dabei anerfennen, Nachdem die Militärbehörde auf Diefe Schäden endlich aufmerkſam gemacht war, hat fie ehrlihen Herzens getan, was immer nur möglich war, um dag zu mildern. Über ber Schaden laſtet eben auf dem Lande, rs

Tirol führt im Frieden gegen 40 ooo Stück Vieh, alles Zucht⸗ und Milchvieh, and. Daher muß es Schlachtvieh einführen, Ein Übel, das bereits begonnen wer, allmählih einzudämmen.

Und nun am 23. Mat iſt dann die Kriegserflärung von Sfalien gekommen. Seit Jahrhunderten iſt man dem Welſchen nicht grün, und das hat ſich bei ung fein Bauer nehmen laſſen: Wären die Welſchen ehrlich, fo wären fie gleich mit ung gegangen. Daß von det Seite noch was kommt, dafür hat bei ung in Tirol jede Henm bien ihren beften Finger ins Feuer gelegt, Endlich verkündet der deutſche Reichskanzler, daß Öſterreich Welſchtirol abtreten wolle, Da il durch das ganze Sand ein Lachen gegangen. „Da müſſen wie wohl fragt werden, mieints nit?" Hat einer ben andern angelacht. Und ganz aus Verſehen haben unfere Leut nach dem Stutzen gegriffen. Und dann, für Diefe neue koloſſale Front war ja viel zu wenig Mitär vorhanden. Alſo was bleibt? Der Kalfer muß Die Tiroler Stand; (hüten aufrufen. Und dann find die Leute, 15 jährige Buben und 35 jährige Männer, gefommen, Die Jüngſten und die Alteſten haben müſſen Probe ſchießen, denn wenn fie nichts können, wären fie den andern eine Laſt.

Die Tiroler Standſchützen. In jedem Dorf iſt ein 8. u, 8. Schießz fand, Die Leut in Tirol müſſen ſchießen fernen, Es iſt ein gar freu: diger uralter tiroler Sport, und Die Regierung tut alles, ihn im Lande lebendig zu halten, Die Organiſation unferer Standſchützen geht bis sum Jahre 1368 zurück iſt alfo uralte Landestradition. Ber nun auf einem folden Schiefftand immatrikuliert wird, heißt Standſchütz und nimmt big zu feinem Tode die Verpflichtung auf fh, das Tirolerz land init den Stußen in der Hand zu verfeidigen. Weit über fünfzig taufend Standſchützen find aufgebsten, ja aber wie lag die Sache eigentlih? Das Militäe hat die brauchbare Mannſchaft längſt einz gezogen, und was jetzt als Standſchütz an die Front fam, war als Maunnſchaft für das flehende Heer aus irgendeinem Grunde eben untauglich. Dazu, militärifhe Ausbildung haben die Standſchützen nicht, und ihre Offiziere wählen fie fich felber, Es iſt wahrhaft ver: wunderlih, wenn man das in Rechnung zieht, wie ungeheuer viel

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diefe milttäruntauglichen Leute an der Front geleiftet haben. Füs erfe mußten fie faft allein den wilden Anprall der Welfhen aus halten und fie haben ihn ausgehalten. Später kam dann noch Militär dazu, aber wenig, und e8 gibt viele Standſchützenkompagnien, die jetzt 28 Wochen ohne Ablöfung an der erſten Front fiehen. Einzelne ihrer Hauptleute find halbe Berühmtheiten geworden, ſo Herr von Wallpach, der Hauptmann der Innsbrucker Standſchützenkompagnie, der erſte Tiroler Lyriker, der begeifterte Vaterlandsſänger. Er ffand mit feinen Leuten duch Wochen und Monate auf einem ber aller gefährlichfien Punkte Hoch droben in den Schröfen, fagelang dem unfinnigften Granatfeuer ausgefest, feinen Leuten ein Beifpiel voll fachender Freude und beforgter Vater zugleih, Alle fagen, in geradezu rührender Weife kümmere er fih um das Wohl jedes einzelnen, und gilt e8 Dann, iſt er überall voran und begeiflert jeden, Seite 8, u. 8, Hoheit Erzherzog Eugen und Erzellenz Danfl haben fih zu wiederholten Malen überaus anerfennend über die Leitungen der Standfihügen ausgeſprochen. Natürlich iſt eine ge wiſſe Rivalität swifhen dem eigentlihen Militär und den Stand fhüsen vielfach vorhanden, und die Standfhükenoffisiere, Wirte, Bauern, Hausfnechte, kurz einfache Leute, auf Denen Die Wahl der Rompagnie fiel, paſſen nach Manieren und Gehaben natürlich nit immer gerade zu den Berufgoffigieren. Uber was tut Das, went darüber Fein Zweifel fein kann, daß fie ihren Mann geradefogut ftellen,

Durch das Aufgebot der Standfhügen ift aber im Sand Tirol wirtſchaftlich viel Schaden entſtanden. Es fehlt im ſchwachbevölkerten Land in einer Weile an arbeitsfähigen Männern, die den heimatz lihen Betrieb aufrecht erhalten können, daß wohl jedeg andere Land länaft dagegen flammend proteftiert hätte, So hat der Markt Matrei, der 780 Einwohner zähle, gegenwärtig nur 15 Mänıter Daheim. Und fleine Berggemeinden fiheinen nahezu ganz entvölkert. Drei, vier arbeitsfähige Menfchen find oft nur mehr vorhanden, Den Betrieb muß alſo die Bäuerin mit den Kindern aufrecht erhalten, Und wenn’snur das wäre, aber all die Hilfsmittel, Kunſtdünger und all das viele andere, was der Bauer eben kaufen muß, find verſiegt, mit Geld nicht mehr zu haben, Noch neulich hat ber Landes; kulturrat Kleie verteilt. Und zwar nach dem Schläffel 650 Gramm pro Kopf und Jahr. ME wenn die Kleie Schnupftabak wäre, Wie ungeheuer ſchwer unter folhen Umſtänden das Wirtfchaften wird, iſt einleuchtend. Auf meinen Wanderungen duch das Land habe ich gar manchen Bauernhof getroffen, wo nicht mal mehr ein

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Greis daheim if. Dazu, wie oft find die geoßen Buben und Der Bauer felber gefallen, verfhollen oder in ruſſiſcher Gefangenſchaft. Und die Kühe im Stall haben Hunger, und der Acker will ſein Recht, die Wieſe ſchreit nach der Senſe .... und die Weiber ſtehen allein vor der Arbeit, Es iſt begeifferungswärdig, zu beobachten, wie auf: vecht, wie unermüdlich und mie warmherzig unfere Bäuerinnen in der Zeit ohne Murren unendlich viel mehr tun, ald man ihnen von Rechts wegen zumuten dürfte. Und diefe große Laft, dieſe Rieſen⸗ arbeit, es iſt als ob die Frauen das alles dem Herrn aufopfern wollen mit glühenden, jubelnden Herzen. Droben in der Kammer, wenn ſie müde ins Bett fallen, mag manche noch weinen, aber das deckt der Mond und die Sterne zu; lacht dann andern Tags die Sonne übers träumende Land, iſt wieder die Kraft der Ewigkeit in dieſen Meibern: Der Bauer fol die Wirtſchaft wieder haben, wie er fie hinserlaffen hat. Und ſchon auch: Ein Tiroler darf nit lugg laſſen (nachlaſfen), ſonſt wär's eine tote Katz. Wenn man all unfere Kriege bestachtet, fo findet man immer und immer, daß unfere Tirolerinnen ſtets werktätigen Anteil daran genommen haben. Sie haben ihr Blut geopfert, nicht nur ihre Kraft, und ihre ganze Seele war mit dabei. Wenn die Kämpfer um Tirols Freiheit ſich des Segens Gottes, der ſo offenſichtlich immer bei ihnen war, einmal freuen wollen, fo vergeſſen fie auch niemals, das Diendlvolk, das luſtigzwidere. Das Land hätt auch nie das erreicht, was es erreicht hat, wenn nicht ſein Frauentum in den Dingen ſo feſt, ſo treu und aufrecht ſtünde. Handelt es ſich ja nicht nur um die werktätige Hilfe im Kampf, taufendmal mehr gilts: Wer (ol denn den jungen Tirolern den Geiſt einpflangen, der eben Tirol if, wenn nit die Mutter... .

Es iſt ein eigen Ding um das Tiroler Land, das fo arm und wirt; ſchaftlich ſchwach, voll quälender müder Arbeit ift, Die meifteng recht fchlecht Iohne, Man fagt wirklich nicht zu viel, wenn man faſt son der Hälfte unferer Bergbauernhöfe behauptet, falls Die Familie den Geldwert ihrer Arbeit rechnen würde, blieben fie völlig paſſiv. Die überwiegende Mehrzahl diefer Höfe rentieren im Sinne der mo; dernen Wirtſchaft nicht entfernt. Und doch, das Land fleht aufrecht, % Sonne lacht darüber und aus jeder Tannnadel leuchtet Gottes

egen.

Gottesſegen läßt fih nicht. in Geld ausbrüden. Der fallt wie ein Sonnenſtrahl zwifchen Herz und Seele und fehafit Dort feine heim: lichen Wunder. Seit Jahrhunderten hat der Tiroler feine Ideale mit unfinnigen Strömen. von Blut hochgehalten, und Das Meltge: ſchick hat ihn Dafür gelohnt wie fein anderes Land, Es hat ihm Frauen

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gegeben, wie er fie braucht und haben muß. So ein einfaches, ver; hußeltes Bergbauernweibele, das fein bißl Schönheit längft den Mühen des Tages, den Sorgen des Herzens aufgeopfert bat... . 9, ber Fremde meint, fo ein altes Weib ja aber diefe Weiber mie ihren harſchen Herzen, die ſind's ja gerade Die die neiten Tiroler werden laſſen.

Das Tiroler Volk if im Grunde genommen ein Künftleroolf, wie kaum ein anderes mehr if, Dichtung, Malerei, Bildhauerei und wohl auch Muſik blühen und ſprühen im Land gar fröhlich; da gibts Hunderte von Bauernbuben, die ein tiefes Fünftlerifcheg Empfinden in. der Geele haben und bie es auch betätigen, Wohl wahr, die akademiſche Kunſt fpielt in Tirol eine ganz geringe Rolle, und es iſt fhon viel, wenn irgendein Bauernbübele als Krippele— fehniser oder Tuifelemaler fo weit fommt, Daß er ein oder zwei Semefter an ber Alademie lernen kann. Des aber gibt der Kunfl im Land gerade ihre Reize, macht fie bodenfländig, aufrecht, und fchaffe ihe leicht einen Strich ing unbewußt Monumentele. Freilich, die Leute, Die heute die Kunſt gepachtet haben und mit großen Worten veben, verſtehen das oft gar nicht, Das paſſiert viel, hat doch ein führendes Berliner Blatt Egger; Bienz einen Gorillamaler genannt. ber was tut dag, Die Kunſt flieht eiwig, und noch immer iſt es fo ge; wefen, daß Werke, Die man urfpränglich gar nicht verflanden bat, fpäter eitie überragende Bedeutung erreichten, Wohl wahr, Die Tirsler Künſtler, es find faſt durchweg Autodidakten, fperren fih zu fehe ab, haben im allgemeinen den Standpunft der großen Welt noch nicht abgeklärt genug im Herzen, aber das iſt Doch nur eine Frage ber Entwicklung und wird fih ganz automatiſch Forrigieren.

Mit dem allgemeinen Kunflempfinden, das im Wolfe ruht, iſt was anderes verknüpft. Der große techniſche und wirtſchaftliche Fortſchritt im Land ift viel ſchwerer einzuleiten, weil man ihm nicht duch mechaniſches Denken Wege weifen fann, nicht die Logik iſt die zwingende Führerin, fondern das Empfinden, Der Fortſchritt, wenn er bei ung wirklich feſte Wurzeln faffen fol, kann nicht über den Verſtand hereingeleiter werden, Er muß vielmehr tief aus dem eignen Herzen auffeimen. Es leuchtet alfo ein, daß er viel ſchwerer und langwieriger zu erreichen fein wird im Sande, Nicht vergeffen darf man aber, wenn er einmal richtig angebahnt fein wird, kommt ee mit der Gewalt des Herzens, mit der Gewalt Der ganzen Ver; ——— und Das iſt unendlich mehr, wie irgendeine angelernte

ade,

Einftweilen leidet dag Land ſchon ſeit Jahrhunderten an feiner

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„J tua wie iz mag⸗Kultur“. Beiluns;tut jeder, wie er mag.” Das bringt eine Kopfloſigkeit und Zerfahrenheit, weiter aber wird das

Land leicht die Beute politiſcher Ehrgeizlinge, die den politiſchen Streit in das tägliche Berufsleben tragen und es ſo zerwirken.

Der Tiroler hat ein überaus reges kritiſches Empfinden. Bei ſeiner Weltabgeſchloſſenheit liegt da leicht die Gefahr vor, damit ins Negative zu verfallen, um ſo mehr als unſer Bauer nach dem Grundſatz erzogen wird: Zuerſt ſagſt einmal nein, dann wirſt ſchon ſehen, was kommt. So ein grobkörniger Bergler lacht die üblen Dinge fort, und wo das nichts hilft, die Fauſt aber zu klobigiſt, kommt er bei feiner ungelenken Zunge gar zu leicht zu kurz. Derſelbe Bergler, der den Teufel nicht fürchtet, muß ſich vom nächſten halbherriſchen Lümmel niederſchwätzen laſſen. Alſo fügt er lieber gleich nein. Erſt ſeit ihm die kleinen Erfolge im Beruf langſam Selbſtbewußtſein bringen, wird das merklich beſſer. Übel iſt eine andere Eigenart, die an ſich ja goldwert iſt. Sein Leben lang auf die allernötigſten Hilfsmittel angewieſen, iſt es⸗ſein Stolz, noch aus Nichts was zu machen. Seine Genügſamkeit iſt faſt ohne Grenzen. Aber dadurch verringert er ſchließlich auch ſein Qualitätsempfinden. Wo anders bringen ſich die Leute vorwärts, weil ſie nur die allerbeſten Hilfs⸗ mittel benützen, und unſer Bauer will ſtolz mit dem Kleinſten noch Großes ſchaffen. Das aber koſtet dreidoppelt Zeit, Mühe, Sorge, weil fi heute Qualitätsarbeit überhaupt nur mit erfiklafiigen Hilfs⸗ mitteln gemährleiften läßt. Bis man das unfern Bauern in die Herzen gehämmert haben mird, dürfte noch viel Wafler gegen Rofenheim rinnen,

Dem Tiroler ift fein Land wirklich das Allerhöchſte. Und doppelt infereffant ift e8 daher, daß er als Menſch, fo ganz auf fich felbft geftelit, die Notwendigkeit noch viel zu wenig empfindet, daß ſich der einzelne einzuordnen hat. Erſtens geht's auch hier nach dem Vers:

Wir zählen e8 zu des Glüdes Gaben,

| Wenn zwei nicht breierlet Meinung haben.

In der Hauptfache aber fehlt es am Verfländnis dafür, Daß ver- nünftiges Einordnen unter das Ganze der höchſte Triumph Der Perfönlichkeit if. Die moderne Kultur gründet fih nur auf Wirt fchaftlichfeit, und die vermag fein Volk zu verwirklichen ohne Einordnung. Da wird der Krieg zum Lehrmeifter werden.

Man fühlte in all diefen Punkten eine werdende Befferung im Land, Mein Gott, das Kulturmilien ift maßgebend für den Stand ber Kultur, und daß es hier langſam und beſtimmt fortſchreitet, iſt nicht zu beſtreiten.

Io

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Da kam das wilde Weſen Krieg und zerriß alles. Nur eines blieb noch wahr. Tirol hat ſein neues 1809! Ja noch viel mehr, denn die Opfer an Gut und Blut, die der Weltkrieg fordert, ſind unendlich ſchwerer. Wie fie aber die Leute tragen .. . ich kann nicht helfen, jeder von uns, der keinen andern Tropfen Blut als tiroleriſches in den Adern hat, lacht und weint, wenn er das alles ſieht, ſo fühlt er ſich erſchüttert und wieder gehoben.

Die Leute wollen es ja längſt gewußt haben: Tirol iſt nicht mehr das alte. Und jetzt iſt's genau wie 1800!

Da iſt aber ein ſehr Weſentliches zu bedenken. Damals waren in Tirol keine 5 Prozent landfremde Leute, heute find ſchon gegen zo Prozent. Und dann iſt noch viel Halbblut. Die Regierung übers ſchwemmt ſeit 4—5 Jahrzehnten das Land mit fremden Beamten, Die Tiroler wieder kommen auswärts, fo daß Die über wiegende Zahl dee Beamten, Staat, Eifenbahn, Forft, Poſt uſw., landfremde Leute find, Die Tiroler Tradition, Tiroler Art nie erfaffen, weil das Dinge find, Die men von Der Mutterbruſt trinken mu. Außer⸗ dem hat die neue verkehrsreiche Zeit viel Volk ins Tirol gezogen, das dort verdienen will. Fremdenverkehr und anderes, was die innere Zerriſſenheit der Zeit in ſich trägt, iſt gekommen. Wär ja alles gut und ſchön, aber Die Menſchen ahmen ia immer fürs erfle nur dag UÜble nad. Kurz, Die neue Zeit hat Tirol dünnblutig gemacht. Die Tiroler ſind laäͤngſt nicht mehr unter fih, Gibt eg unter ſolchen Um; fländen einen fihlagendern Beweis für Die ganz umgekahnte Volks— kraft, bie in Tirol ſteckt, als die Tatſache, daß troß Der ganz veränderten Verhaltniſſe jest in Der Zeit ber Not alleg genau wie ehdem Bor hundert Jahren aus dem flammenden Herzen aufgeiubelt har?

/ Daher iſt wohl manches aus Diefer bitterwehen "Zeit für die Zur Eunft Des. Landes zu hoffen, denn dee gewaltige Krieg wird da den Leuten die Augen öffnen, gibt e8 bach fein überragenderes, Fein mo⸗ numentaleres Beifpiel als Diefer Krieg, mit feinem praftifden Hin; weis Darauf, daß jeder Allgemeinerfolg in allererfler Linie Davon abhängig iſt, wie freudig fich der einzelne den allgemeinen Sielen einordnet. Und wenn ber Tiroler dag endlich warm genug empfinder, wird das Land in verhältnismäßig kurzer Zeit großzügige Fort ſchritte aufzuweiſen haben, Die Gefahr warmhersiger, arbeitsflarfer Menſchen liegt von jeher darin, dag fie in der Allgemeinheit ſtark serbröfeln, Der Arieg macht dag jedem deutlich, Wenn jeder einzelne ur ein biöchen täglich und ſtündlich bei feiner Nrbeit an alle Denke, mens er Die allgemeinen Siele im- Lande fefthält, fo machen die tauſend und tauſend Wenig ein gewaltiges Viel, Il

Die Regierung, die in Öflerreich bekanntlich nicht immer weiß, was fie will, trägt wohl Die größte Schuld daran, daß in Tirol das wirtſchaftliche Solidaritätsgefühl noch nicht fo allgemein in Er; ſcheinung tritt, wie eg fein ſoll. Daß aber dadurch) Die wirtſchaftliche Entwicklung eines Landes auf das Schwerſte gefährdet bleibt, iſt gerade dem Bureaukraten, Der nur den Akt und mie das Volk, der nur die Maßnahmen und nie das Land fehen will, nebenſächlich. Der große Thomas hat täglich gebetet: a peccato scilicet et igno- rantia, vor der Suünde und der Unwiſſenheit bewahre mich, o Herr und damit die ewigen Grundlagen aller Kultur betont. Auf das jüngſt vergangene Öſterreich paßt dag wie nichts zweites. In grenzen⸗ loſer Hilfloſigkeit hat man da Jahr um Jahr die Dinge ihren Gang gehen laffen, als ob das alles juft fo fein müßte, Auch Tirol iſt Öfterreich, man bat dort auch alles ſich möglichſt ohne Eingriff entwideln und infolgedeſſen auch ver wickeln laſſen. Der Krieg iſt dem großen ſchönen Reich ein Jungbrunnen, denn er mahnt mit eiſernem Ernſt und blutiger Fauſt zur Umkehr.

Sn Tirol bat man jest wenigſt ens die grundlegende Bedeutung— wirklich erkannt Die Not iſt von te die beſte Lehrmeiſterin die es haben mul, wenn ein Sand ſich ſelbſt ernähren kann. Gerade in Tirol, diefem Bauernland, hat man dieſe Selbſtverſtändlichkeit zu lange nicht beachtet. Man denke, das Land führt zährlich IT 000 Waggon Getreide, beinahe 4000 Waggon Kartoffeln, große eigen Schlachtsieh und, fo unglaublid es fingen mag, auch viel Den ein. Alles nur weil die bewußte weiterausſchauende Höherent wicklung ſeiner Landwirtſchaft, man kann ungefähr ſagen erſt ſeit et wa 5 Jahren einzuſetzen begonnen hat. Die Nachbarländer, bie Schweiz, der Allgän find meilenweit voran, fie haben eben früher angefangen. Das ift um fo frauriger, als das Sand leicht das Doppelte an Bieh halten und nähren kann, wenn die Sache richtig in die Hand genom— men wird. Seit wir eine weitausſchanende Förderung bed Futter⸗ baues haben, geht die Sache im Sturmſchritt. Das Land Kir unter uralten Gewohnheiten und Borurfeilen Geine Egarten wirtſchaft hat den Ertrag unendlich niedergehalten und das Land ungeheier verunkrautet.

Und die Abhilfe iſt doch lächerlich einfach. Während der Bauer nad dem Getreide das Feld einfach für die Grasnutzung zuwachſen läßt, fät er jekt Grasfamen dazwiſchen, wirft Kunſtdünger Darüber und bat nicht nur Doppelt ſo große, fondern auch doppelt. {9 gute Heuerträge, Biele Bauern, die ihren Hof heute ſchon in dieſem Sinne führen, baben nach vier, fünf Jahren um ein Drittel mehr Vieh im Stall,

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Dazı aber ein andered Das Feld wird durch die Beſamung mir Edelgräſern unkrautfrei, infslgedejlen fleigen die Getreide— erträge automatiſch, und vor allem, der Hadfenchtbau wird möglich, der einerfeits das Feld beſſer pflegt und anderſeits vom Hektar acht⸗ bie zehnmal fo viel Futter bringt wie das Grasland. Heute fehen es bie Bauern ſelbſt, ihre Wirtſchaft kann ganz weſentlich höhere Erträge bringen. Sie haben es ſich ja vielfach ſelbſt bewieſen. Der Bauer aber, der den Nutzen fieht und nicht inbrünſtig danach greift, ich glaube, der ift wohl noch gar nicht geboren.

So wird der Bauer kaufkräftiger, er tft ein gewaltiger Konſument, und Die Stadt Bat eine verſtärkte regelmäßige Geldguelle Schon Roger Bacon fügt: Das Geld ift wie Der Dünger, Ed nutzt nur aus⸗ gebreitei. Und am Der. vertieften wirtfihaftlihen Wechſelwirkung zwiſchen Stadt und Land wird and Die Tulturelle Entwicklung des Sandes höher Hinsnfleigen. öſterreich IE fett langem dag Sand, wo die beſten Dinge vorzeitig zerbrechen, weil wir Fein Geld haben, Alſo heißt es fürs erfle Geld ſchaffen, Denn mit Heinen Mitteln Großes wollen, ift immer und überall lächerlich. Seid fhaffen aber kann nur weitausſchauende wirtſchaftlich hoch wertige Arbeit in Stadt und Land,

Der Krieg rüttelt die eingefrorenen Gedanken auf, Das iſt not— wendig, denn in der ſeßhaften Einſamkeit wird der Geiſt ſchließlich ſtumpf und die Phantaſie zu eng. Da beſſert der Feldzug unendlich viel. Man ſieht es daran, daß heute ſchon viele Bauern einzuſehen beginnen, hätte man zehn Jahre früher im Land mit ber vernünftigen Modernifierung ber Landwirtſchaft begonnen, wär ung im Krieg viel Not, viel Entbehrung erfpart geblieben. Beſonders bie Bauer rinnen, auf denen ja Die Sorgen hinter ber Front zuerſt vollgewichtig niederfielen, empfinden das überaus lebendig. Ich ſtaune oft und oft, wenn ich fo Bäuerinnen heute reden höre. Sind denn das noch Die gleihen Leute, die ich vor drei Jahren gefannt habe? est find fie fortſchrittsfreudiger oft als ihre Männer, | So glaube ich wohl, Daß gerade buch Den Krieg unfer Bauern⸗ fand von feiner öden, läſterlichen Halbfultur befreit wird, Und das wäre Segen und Glück. Auch für unfere Induſtrie im Sand, die immer deutlicher aufſtrebt, trifft das ſicher zu. 2

Schließlich hängt das alles an dem lebendigen Empfinden der eignen Kraft. Und Tirol weiß nun auf einmal wieder, welch ge, Waltige Kräfte in feinem einfachen Hergen mit feinem breitwürfigen knorrigem Empfinden ſchlummern. Gottlob,

Und um nun auf die Stadt zurückzukommen:

Da iſt vor allem eines zu betonen, ein höchft Erfrenliches. Jeder,

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der die Verhältniffekfennt, wird zitgeben, Daß gerade die Landes; hauptſtadt Innsbruck an merktätiger Mithilfe in diefer ſchweren zeit verhältnismäßig Gewaltiges mehr geleifter hat als andere Städte, auch draußen in Deutſchland. Sch habe nun Einblid in die Sachlage und bin wahrhaft ſtolz auf diefe ausgebreitete Tätigkeit in der Landes; hauptſtadt. Ihre wohltätige Mithilfe ift geradezu grandios, Und nicht nur das, In der Verpflesungsfrage hat Innsbruck fo geſcheit, jo nüchtern und vernünftig gehandelt, daß man ohne weiteres an— nehmen fann, wenn manche Regierungskräfte einigermaßen mehr Verſtändnis und weniger Saumfeligfeit aufgebracht hätten, ber prattifche Effekt weit über den Rahmen anderer und größerer Städte hinausgegangen wäre, |

hat während des Krieges unzweifelhaft Tüchtiges geleiſtet. | |

Das Gefhid hat außersrdentlihe Opfer von dem Heinen armen fand gefordert, Der Krieg hat Tirol ſchwer gefchlagen, Über wie herrlich feſt ſteht unſere Front, der Welfche kommt nicht herein, Das iſt nach menſchlichem Ermeſſen heute ſchon völlig ausgeſchloſſen, trotz der unendlichen Ubermacht. Im Gebirgskrieg verwendet Italien gerade an der Tiroler Front, feine allerbeſten Truppen Und darüber Herrfht nur eine Meinung: Die Offiziere flürmen feurig und ohne jede Rückſicht auf Ihre eigne Sicherheit den Manns (haften voraus, Ihre Leute find tapfer und aufopferungsfähig. Sonſt wären die unfinnigen Verluſte auch gar nicht zu erflären. Ihre Artillerie fchieße gut, oft glänzend und mit einer Munitionds vergendung, zu ber man nur kopfſchütteln kann. Aber, wie mir einer unferer Vrtillerienffisiere fagte: Die Welfchen fihießen ohne Segen Gottes, Täglich beobachtet man, wie die Granaten genau wie ai einer Schnur einfchlagen, aber freffen, wirklich treffen, dag iſt felten, Erft fpätern Zeiten wird e8 vorbehalten fein, der Welt zu fagen, mit welch verhältnismäßig feinen Mitteln der gewaltige welfche Anſturm abgehalten wurde, Und dann erft wird e8 jeder begreifen, wie fehr viel Segen Gottes auf unferer Seite wer; |

Der ‚erfolgreiche Widerfland hat das Land Tirol bis ins Herz hinein gefeflige und noch flandficherer gemacht, Es iſt eine fröhlich ernſte Luft und eine Fefligkeit in den Leuten, geruhſam und aufs recht, und wenn die anhält im Frieden, wird ung der ſchwere Kampf noch zum Vorteil, Das Heine Land Tirol muß endlich den wirt⸗ ſchaftlichen Anſchluß an die große Welt draußen finden, dem es durch Jahrhunderte, in völliger Verfennung des Weltzweckes, immer Widerſtand enfgegengefet hat.

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Unfere Landwirtſchaft, befonders die Zucht hat ſchwer gelitten und es wird Jahre dauern, bis der alte Stand wieder erreicht fein wird,

Aber wie ernſthaft im Kriege unfere Bäuerin forsfchristlich emp; funden hat, was zeigt Das beffer ale die Tarfache, daß die Zucht buchführungen, die Punktierungen und Probemelfungen auch im Kriege aufrecht erhalten worden find, Der Wille zur mwerftäfigen Sortentwidlung unferer Bauern iſt alfo lebendig, Wenn der Krieg dem Land Taufende und Taufende von Kälbern und Nindern ges nommen hat, fo wird das in ber Hauptfache mehr als züchterifcher Reinigungsprozeß zur Geltung kommen, Und der Schaden, der auf diefe Weife entflanden if, wird nur quantitativ wirken, In⸗ folgedeſſen wird ber Export von Milch; und Zuchtvieh eine Reihe von Jahren geringer werden, Dafür aber wird die Zuchtqualität fleigen.

Schlimmer iſt es beim Futterbau. Einmal hat die Militär behörde ſehr viel Heu requiriert fie mar einfach dazu gezwungen, vor allem aber haben die Kunſt-⸗ und Wechſelwieſen, die naturgemäß viel Pflege brauchen, unter dem völligen Fehlen der Arbeitskräfte ſchwer gelitten. Aber das Übel ift in ı oder 2 Jahren Teicht zu bez heben, Im Tiroler Volk hat der Krieg die Überzeugung aufblühen laffen, daß Mut und Kraft nur ein Teil find, Um ihre Wirkung wir lich voll zur Geltung zu bringen, ift als Grundlage eine hohe wirt ſchaftliche Kraft des Volkes ganz abfolut nötig; Die muß eben im sähen Streben ernftlich gefhaffen werden,

Ins Land muß Kulturfreude, muß Luft und Drang, vorwärts su fireben, Und diefer Krieg hat diefe Dinge mit feiner blutiggrau⸗ ſamen Schrift unſern Bauern ing Herz geſchrieben. . . . Wenn fle danach handeln, dann werden unfere Kinder und Kindesfinder = mit noch freudigerm Herzen jubeln können: Hellauf Tiro⸗ erifch !

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< Kriess- Husgabe 63 a der h

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